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Emil Nolde - In Glut und Farbe

„Deshalb gern mied ich alles Sinnen vorher, eine vage Vorstellung nur in Glut und Farbe mir genügte […]“*, schrieb Emil Nolde 1936 über seine instinktive Arbeitsweise und den ungehemmten Umgang mit Farben, der seine Werke auszeichnet. Mit Emil Nolde - In Glut und Farbe widmet das Belvedere in Kooperation mit der Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde dem herausragenden Einzelgänger des deutschen Expressionismus eine Ausstellung, die einen lebhaften Eindruck seiner Farbexplosionen vermittelt. Die Schau zeigt Werke aus all seinen Schaffensphasen, von frühen, vom Impressionismus geprägten Gartenbildern über biblische und Legendenbilder oder strahlende, in der Südsee gemalte Pastelle bis hin zu den während des Malverbots entstandenen Ungemalten Bildern. Ergänzt wird die Ausstellung durch Druckgraphiken des Künstlers und ausgewählte Arbeiten österreichischer Maler wie Oskar Kokoschka, Werner Berg oder Max Weiler, die durch Nolde inspiriert wurden. Um 1911 bzw. 1912 fand Nolde zu seinem persönlichen Stil. Vom farbenprächtigen Impressionismus seiner Gartenbilder um 1907 über die 1910 entstandenen religiösen Bilder, die eine neue Strahlkraft der mit strähnigen Pinselzügen aufgetragenen Farben aufwiesen, gelangte er zu einer Malweise, die leuchtende, volltönende Farbflächen betonte und Details unterschlug. Die Themenvielfalt seines unverwechselbaren Werks reicht von grotesken Phantasiewesen, ekstatischen Tänzerinnen und Situationen des Berliner Nachtlebens über Bibelszenen und christliche Legenden bis hin zur Landschaft seiner Heimat Nordschleswig und zu Meeresstimmungen der Ost- und Nordsee. Noldes Naturverbundenheit und die ständige Suche nach dem Ursprünglichen führten ihn auf weite Reisen, sogar nach Neuguinea, wo er auf Inspiration abseits der westlichen Zivilisation hoffte.
 
Noldes unmittelbarer Zugang zur Malerei und sein einzigartiger Umgang mit Farben fanden einen Höhepunkt in seinem immensen Alterswerk der Ungemalten Bilder, die trotz des Malverbots, das am 23. August 1941 über ihn verhängt wurde, im Geheimen entstanden. Aus der Reichskunstkammer ausgeschlossen, wurde ihm jede berufliche Betätigung auf den Gebieten der bildenden Künste untersagt. Dies bedeutete einen großen Schock für den Maler, hatte er doch wie viele andere Künstler anfänglich die Machtergreifung der Nationalsozialisten begrüßt und gehofft, das nationalsozialistische Regime könnte Deutschland nach dem Trauma des Ersten Weltkriegs und des Friedensvertrags von Versailles wieder Orientierung und Selbstvertrauen verleihen. So entstanden zwischen 1938 und 1945 über 1300 kleinformatige Aquarelle und Gouachen mit frei erfundenen, meist phantastischen Darstellungen in seinem Atelier in Seebüll, von denen knapp 50 Blätter im Unteren Belvedere präsentiert werden. Dabei ließ Nolde aus zufälligen Farbklecksen Gesichter, Figuren, aber auch phantastische Mischwesen zwischen Mensch und Tier entstehen. Ebenso malte Nolde Landschaften aus seinem Gedächtnis, unter ihnen blutrot gefärbte Meere oder in Lapislazuli getauchte Felsküsten. Emil Nolde - In Glut und Farbe zeigt zentrale Werke aus der reichen Sammlung der Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, der Hamburger Kunsthalle sowie weiteren Museen und Privatsammlungen. Unter den Arbeiten befinden sich Landschaften, Meere, Bildnisse, Berliner Szenen, religiöse Bilder und Phantasien sowie hochkarätige Folgen von Aquarellen und fast 50 Blätter der Ungemalten Bilder. Gleichzeitig beleuchtet die Ausstellung durch ausgewählte Werke österreichischer Maler wie Werner Berg, Herbert Boeckl, Oskar Kokoschka oder Max Weiler, wie diese auf Noldes Farbexplosionen reagierten und aus seiner Kunst Anregungen für das eigene Werk bezogen. Damit veranschaulicht die Ausstellung auch den intensiven künstlerischen Austausch im Europa des 20. Jahrhunderts.
 
* Emil Nolde, Welt und Heimat. Die Südseereise 1913–1918. Geschrieben 1936, hg. von der Nolde Stiftung Seebüll, Bd. III, Köln 2002, S. 88.
 

Impressionen